Vita Gisela Lehner geb. Felde (1)

Gisela Felde

Geboren wurde Gisela Felde am 14.0.1919 im Gutshaus Betkenhammer, Kreis Deutsch Krone, als 6. Kind des Fabrikbesitzers und Kaufmanns Max Felde aus Remscheid und seiner Frau Irmgard, geborene Kühnemann, aus Stettin.

   Max Felde und Irmgard Kühnemann als Brautpaar

Betkenhammer: Mühlenhaus mit Mühlenteich

Der Familienbesitz  „Otto-Kühnemanns-Küddowwerke“ (OKK) bestand aus dem Gut Betkenhammer und der Ziegelei mit den Tongruben in Tarnowker Mühle, vor 1937 gehörte auch die dortige Pappenfabrik dazu.

  Pappenfabrik Tarnowker Mühle

 Ringofenziegelei

Trotz dieser großen Besitzungen führte die Familie ein eher bescheidenes Leben im Understatement. „Mehr sein als scheinen“ gehörte zu den Familienprinzipien, denen Gisela Lehner ihr Leben lang treu geblieben ist.

Gisela (2. von links) mit den Geschwistern, das jüngste Kind fehlt auf dem Foto.

Im Elternhaus Felde-Kühnemann in Betkenhammer wurde eine besondere Festkultur gepflegt. Irmgard Felde, die Mutter, verstand es ausgezeichnet, zu den verschiedensten Anlässen kleine Theaterstücke, Moritaten oder Gedichte zu schreiben, die dann von Mitgliedern der großen Familie aufgeführt  und gestaltet wurden. Dafür stellte Gisela schon als Kind Bühnenbilder her.

Gisela 1926. 

Dieser musisch-kreative Hintergrund war sicherlich für GL prägend, und ohne diesen hätten sich ihre Eltern sicher auch nicht breitgefunden, die junge Tochter später weit weg von Pommern auf die Kunstschule Kiel gehen zu lassen.

Künstlerische Begabung spielte in dieser Familie auch in anderer Weise eine Rolle:

Zur nahen Verwandtschaft gehörte das Berliner Künstlerpaar Alice Forstmann-Brasse* (Künstlername“Alifo“) und Otto Adolf Brasse.**Als Cousin ihrer Mutter waren Brasse, liebevoll „Onkel Poffchen“ genannt, und seine Frau in ihrer Kindheit oft zu Gast, und die Kinder sahen ihm und der Tante beim Malen und Zeichnen zu.

Ihr Ururgroßvater mütterlicherseits war der Hofrat und bekannte Landschaftsmaler Georg Wilhelm Issel ***(1785-1870), dessen Bilder sich durch große Detailtreue und altmeisterlichen Stil auszeichnen. GL kannte seit Kindertagen einige seiner Bilder aus eigener Anschauung. Elemente dieses Stils lassen sich in ihren späteren Landschaftsbildern häufig wiederfinden.

GL hat schon in ihren Kinderjahren Geschichten geschrieben und illustriert sowie für Kinderzimmer Bilder und Wandfriese gemalt und gezeichnet. Schon früh zeigte sich ihr kreatives grafisches Talent.

Sie wuchs mit vielen Tieren auf. Ihr Lieblingstier war die selbst angezogene Eule „Susi“, die später als beliebtes Bildmotiv in vielen ihrer Bilder wiederkehrt.

.    Eulenbild von 1991

Nach schönen Kinderjahren mit den beiden jüngeren Geschwistern, unterrichtet zunächst von einer Hauslehrerin, dann in der einklassigen Dorfschule des Ortes, kam GL für ein Jahr in die Volksschule Jastrow und danach in die dortige Aufbauschule.

„Entdecker“ des künstlerischen Talents der damals erst 15jährigen Gisela war ihr junger, engagierter Kunsterzieher Hubertus Lehner, der ab 1934 an der dortigen Schule als Assessor seine Unterrichtsarbeit aufnahm.

Im Herbst 1935 verließ Gisela die Aufbauschule mit dem Zeugnis der Mittleren Reife. Für gut ein Jahr ging sie als Haustochter zu einer Tante in Stettin, die vier kleine Söhne hatte, und lernte dort die Grundkenntnisse von Haushaltsführung  und Erziehung. Es schlossen sich mehrere Reisen an, u.a. nach Berlin, wo sie die Kunstmuseen auf sich wirken ließ.

1937 nahm sie im Sommerhalbjahr am Freiwilligen Arbeitsdienst teil, in Scharnhorst bei Lauenburg. Dort galt es nach Stall- und Feldarbeit Feste auszugestalten und für Dekorationen zu sorgen, auch hier eine Möglichkeit, sich künstlerisch zu erproben.

Zwei kleine Büchlein entstanden in diesem Jahr, leider sind beide verschollen:„Hänschen im Blumenland“ und „Uwes Schuhe“.

Hubertus Lehner hatte bei den Eltern Felde durchgesetzt, dass ihre begabte Tochter eine Kunstschule besuchen durfte, nämlich die Kunst- und Handwerkerschule in Kiel, da Verwandtschaft in der Nähe wohnte. Gisela war dort 1937/38 Schülerin der Graphikklasse von Professor Riebicke und hatte auch Unterricht bei den Malern Werner Lange und Fritz Neuser. In den Steindruck-Stunden konnten die Studenten selbst-illustrierte Bücher drucken. Hier entstand das Büchlein „Brumm auf Brautschau“

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.  Titelblatt und Vorsatz

Das Zeugnis hebt hervor: „Fleiß und Leistungen werden lobend erwähnt“. In allen Fächern wurde sie mit „gut“ oder „sehr gut“ bewertet. Hier hat sie in kurzer, intensiv genutzter Zeit die wesentlichen Grundlagen ihrer späteren künstlerischen Praxis erworben:

Grafische Techniken, Naturstudien, Akt- und Gegenstandszeichnen, perspektivisches Zeichnen, aber eben auch so praktische Dinge wie Buchdruck und Buchbinden.

1938 entstanden ein Reklamebuch für Persil Düsseldorf mit Versen „Die Heinzelmännchen von Düsseldorf“ (leider verschollen) sowie „Die Schneekönigin“ (Märchenkomödie in 9 Bildren nach H.C. Andersen) und „Die Wunderblume“ zu einem Text von Lulu Schaumann, beide als Einzelstück jeweils handschriftlich und illustriert.

(Fortsetzung folgt)

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* https://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Brasse-Forstmann

** https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Adolf_Brasse

***https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Issel