Gruß vom Himmel - eine wahre Begebenheit

Als Antiquarin habe ich schon viele anrührende Geschichten erlebt. Lang gesuchte, vermisste Bücher können Empfänger wie auch Versender sehr glücklich machen.

Aber diese hier  gehört zu meinen absoluten Lieblingsepisoden, und ich freue mich, dass ich sie  nun veröffentlichen darf:

"Eine magische Begebenheit, die mir nach wie vor Gänsehaut, feuchte Augen und ein warmes Herz beschert…

Herbst ´22:

Ich liege abends/ nachts neben meinem kleinen Sohn Hannes schlaflos mit Handy im Bett und stöber bei Ebay Kleinanzeigen – dies kommt gelegentlich vor ;-). Erstmals gebe ich „Löwenstedt“ als Suchoption ein, da ich – völlig untypisch – nichts Bestimmtes suche. Es werden nicht wirklich Ergebnisse erzielt. Es schaltet sich jedoch eine Anzeige von booklooker.de ein, die eine alte Ansichtskarte von Löwenstedt in schwarz/ weiß anbietet. Diese ist mir bekannt. Sie zeigt 3 Motive: der Bäcker, die Kapelle und mein Elternhaus...mit der Schrift „Gruß aus Löwenstedt“. Ich denke mir, dass es eigentlich schön wäre, diese zu besitzen, da schließlich mein Elternhaus darauf zu sehen ist. Sie soll im Zustand „gebraucht, abgestoßene Ecken, Kleber auf der Rückseite“ knapp 10€ kosten. Für eine alte Postkarte, wie ich finde, nicht wenig Geld. Ich überlege kurz...und komme zu dem Entschluss, die Karte zu kaufen. Die ideellen Werte überwiegen schließlich und wer weiß, wann sich mal wieder so eine Gelegenheit anbietet - die Ansichtskarte gibt es bereits eine Ewigkeit nicht mehr zu kaufen. Ich überweise das Geld und vergesse die Angelegenheit quasi auch schon wieder.

Tage später komme ich früh abends mit Hannes nach Hause und schaue auf dem Weg zwischen Auto und Haus beim Briefkasten vor. Mit einem braunen Pappkuvert in der Hand gehen wir durch die Haustür. Im Flur öffne ich diesen und ziehe etwas überrascht und freudig die Löwenstedter Ansichtskarte hervor. Als ich diese umdrehe bin ich verwundert, da diese beschriftet ist und einst versandt wurde, und davon in der Rubrik „Artikelzustand“ nicht die Rede war. Im gleichen Moment wird mir bewusst, dass ich die Schrift kenne – eine Welle durchzieht meinen Körper! Ich muss mich, nach wie vor mit angezogener Jacke, im Flur auf den Teppich setzen. Mit feuchten Augen und aufgeregt verfolge ich die Worte meiner längst verstorbenen Großmutter Greta – meiner HerzensOma. Unglaublich! Wahrhaft unglaublich, dass ich bei der Anzahl von der einst verkauften Postkarten just eine erwische, die von meiner Oma beschriftet wurde. Was für ein „Zufall“. Ich beginne die Karte aufmerksam zu lesen. Adressat ist Ernst Paulsen in Uetersen, entfernte Verwandtschaft. Oma hat ihm – und jetzt kommt´s – von meiner Geburt in Kenntnis gesetzt. Meine Tränen laufen. Ich blicke nach oben, sage meinen Großeltern, wie sehr ich sie liebe, und bedanke mich beim Universum. Der Inhalt macht die Geschichte noch unfassbarer! Nach knapp 43 Jahren gelangt diese Karte in meine Hände. Es ist wie ein Herzensgruß von meinen Großeltern.

Mir überkommt der große Wunsch, meinen Eltern diese unglaubliche Begebenheit zu erzählen und so fahre ich im nächsten Moment mit Hannes und der Karte zu ihnen. Aufgeregt erzähle ich ihnen die Vorgeschichte und zeige die Karte. Die Verwunderung und Freude ist groß. Uns kommt die Frage auf, ob die Verkäuferin über booklooker.de, Annette Brown, entfernte Verwandtschaft oder eine An- und Verkaufsadresse oder so etwas in der Art ist. Papa hat die Idee, dies in einem Brief zu erfragen. Freundinnen motivieren mich, als ich von der unglaublichen Sache berichte, mit der Frau Brown zu telefonieren, da ein lebendiger Austausch stattfindet und ich gleich Antworten erhalte. Die Telefonnummer habe ich schnell im Internet recherchiert...bis zum Anruf hat es aber noch etwas gedauert.

Beim Familienfrühstück am 1. Adventswochenende erzähle ich meinen Tanten und Onkeln die Geschichte und zeige ihnen die Postkarte. Reaktionen wie „du musst ins Fernsehen“ und „schreib das bloß auf“ fallen. Ins Fernsehen möchte ich nicht ;-), aber die Notizen mache ich gerade :-).

Im Frühjahr ´23 findet dann endlich das Telefonat statt. Ein sehr angenehmes Gespräch mit einer sympathischen Frau, die sich über das Teilen der Geschichte wahrlich freut. Sie betreibt in Heidgraben ein Antiquariat, und die Karte sei wohl irgendwie mal mit dabei gewesen. Ich bedanke mich bei ihr, dass sie den Aufwand betrieben hat, die Karte zum Verkauf anzubieten, diese nicht beispielsweise in der grünen Tonne gelandet ist und nun soviel unfassbare Freude dadurch entstanden ist. Das Telefonat dauert länger und wir bemerken, dass wir beide eine Leidenschaft bezüglich Garten besitzen. Sie lädt mich ein, einfach mal vorbeizukommen...es würde mir gewiss gefallen. Wir verbleiben, dass ich in die Planung gehe und mich wieder bei ihr melde. Ende September ist es dann soweit. Ich kombiniere den Besuch in Heidgraben mit einem Frühstück vorab in Tornesch bei Freunden. Nachmittags fahre ich mit Hannes weiter zu Annette Brown und ihrem Ehemann aus Kanada. Beide haben mit viel Herzblut ein Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert restauriert und einen traumhaften Garten angelegt. Wir verbringen eine schöne Zeit...schlendern durch die Bücherscheune (Hannes darf sich ein Buch aussuchen – natürlich über Trecker ;-)), schmausen Kuchen, trinken Tee und ich schreibe in deren Gästebuch „meine“ unglaubliche Geschichte.

Erfüllt und dankbar fahren wir abends gen Heimat...ein Wiedersehen kann ich mir gut vorstellen!"

Mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin Finja Lorenzen