Erinnerungen an Hubertus Lehner

Hubertus Lehner mit seinen alten Schülern Fritz-Joachim Bork und Lore Felde beim Empfang zum 99. Geburtstag des Künstlers

Fritz-Joachim Bork, einer seiner ältesten Schüler, schrieb mir zum Tode meines Vater 2006 folgendes, was ich nun gern mit Erlaubnis seines Sohnes hier weitergeben möchte:

"`Ein großes Malerleben ist zu Ende gegangen`, schrieb seine Familie in der Todes-nachricht.

Aber für uns, der Vorkriegsgeneration an der Aufbauschule Jastrow (Erl.: Kreis Flatow, Hinterpommern), war er mehr, sehr viel mehr!

.   Jastow, Südseite

Ich gehörte zu der letzten Klasse der Schule, die er mit seinen Kollegen im Februar 1939 zum Abitur führen konnte. So durften wir all die Jahre in Jastrow miterleben, wie er diese Lehranstalt auf seine Weise geprägt hat.

Er selbst hat es öfter...so ausgedrückt: Ich war eigentlich gar kein Lehrer der klassi-schen Art, der vor seiner Klasse stand und èx Cathedra`doziert hat. Ich habe doch immer nur Geschichten erzählt.

Doch das war sein eigentliches Geheimnis. Dabei war es stets sein Ziel, seine Schüler durch das Hinführen zur Kunst zur Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit zu begleiten.

.   Lehner als Heimleiter in Jastrow

Ein ganz typisches Beispiel dafür war, als 1936 auch für die Unter-Sekunda ein Sommerlager zur Festigung der nationalsozialistischen Ideologie eingerichtet wurde: Hubert Lehner war glücklicherweise für uns der Lager-Chef in der nahe gelegenen Kreisstadt Flatow. Anstatt eines Unterrichts mit vorgegebenen Programmen der Erziehung zur NS-Ideologie schickte er uns mit Skizzenblock ausgerüstet durch die Straßen der Kreisstadt, um die verschiedenen Baustile der Jahrhunderte aufzuspüren und festzuhalten. Das tat er äußerst geschickt, weil er ganz bestimmt um das alte lateinische Sprichwort wußte: `Etiam si omnes- ego non` (wenn auch alle andern mitmachen - ich nicht!).

Gewiß hat zu seiner Beliebheit in Jastrow beigetragen, daß er die sogenannten `Orchideen-Fächer` geben konnte, wie Kunsterziehung, Zeichnen und Werkunterricht, aber auch im Sport hatte er fortschrittliche Ideen in Ballspielen und Boxen. Er führte u.a. das Fußballspiel an der Schule ein und sorgte für ordentliche Fußballkluft. Nur selten stand er am Spielfeldrand. Er liebte es sehr, abwechselnd mal in der einen und dann in der anderen Mannschaft in vorderster Reihe als Stürmer mitzuspielen. So entwickelte sich unter seinen Schülern eine ausgeprägte Hochachtung und Anerkennung für ìhren Hubert`.

Es wird berichtet, daß Hubertus Lehner schon in ganz jungen Jahren, gefördert durch ein eher musisches Elternhaus zu zeichnen begann. Er verließ sich nicht nur auf seinen Begabung, sondern zeigte auch Fleiß und Ausdauer auf den verschiedensten Schulen, die er besuchen mußte.

So war es nicht nur Glück, später auf der Kunst-Akademie bei den berühmten Malern der Brück-Generation aufgenommen zu werden, die dann auch seine künstlerische Entwicklung und den ihm eigenen Stil gedeihen ließen.

Seine Schaffenskraft, ein Leben lang, war fast wie die Inkarnation eines Preußen, wenn es solcher Bezeichnung überhaupt bedurft hätte.

Er kannte nie den Dekadenz-Effekt der Langeweile, sondern hat stets mit großer Kraft gewirkt, sogar im fortschrittlichen Alter, als er nicht mehr viel Schlaf brauchte, nächtelang gemalt.

Hubert Lehner heiratete 1939 seine ehemalige Schülerin Gisela Felde aus Betkenhammer, und sie begannen am wild-romantischen Küddowtal ihren Künstler-Hof einzurichten. Sie nannten ihr Refugium bedeutungsvoll `Niemand-sieht-mich`.

Durch Krieg und Vertreibung haben sie, wie wir alle aus dem Osten, alles verloren und mußten versuchen, in Westdeutschland eine neue Existenz aufzubauen.

Nach den verschiedensten Tätigkeiten, die alle nur dazu dienten, die Familie durchzubringen, erhielt Hubertus Lehner 1952 eine Anstellung als Kunsterzieher und Sportlehrer am Ludwig-Meyn-Gymnasium in Uetersen, Kreis Pinneberg. Ein kleines Siedlungshaus in Heidgraben entwickelte sich dann als neues Refugium mit einem zwei Hektar großen Garten....

Ich war neugierig genug, ihn einmal zu fragen, welcher seiner großen Lehrer herausragend genug war, ihm für sein künstlerisches Leben Ziel und Richtschnur zu sein. Er brauchte nicht einmal Sekunden, um eine Antwort zu formulieren, und sagte: `Nein, ich sah mich niemals genötigt, mich mit meinen Arbeiten an einer anerkannten Maler-Persönlichkeit aufzurichten. Ich habe meine Ideen und meine Kraft immer aus der pommerschen Erde bezogen.`

Ich selbst bin glücklich, von meinem alten Lehrer ein Original-Bild zu besitzen: ´Zwei Menschen in einer Mondnacht`. Beim Anschauen erinnert es mich an das wunderschöne Mondnacht-Gedicht von Eichendorff: ` Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküßt...`"

 

Fritz-Joachim Bork.

 

  Lehners letztes Selbstporträt 

 

Das Foto ganz oben zeigt Hubertus Lehner mit seinen alten Schülern Fritz-Joachim Bork und Lore Felde auf dem Hof Green Gables beim Empfang zum 99. Geburtstag des Künstlers.

Dieser Beitrag wurde aktualisiert am 11.01.2024