Ein künstlerisches Vermächtnis

von Hubertus Lehner

"Wenn ich des nachts male, bin ich ganz ich selbst. Ich sitze, knie oder stehe gebeugt über einem Bilde, das auf dem Teppich liegt, und male und vergesse dabei jede körperliche Anstrengung.

Und dann kommen plötzlich liebe Gäste aus dem Garten hereinspaziert und erfüllen den Raum mit Duft und Farbe. Da kommt der glutrote Feuermohn , der wie stürmisches Herzblut leuchtet, der blaue Rittersporn mit seinen Ahnungen von den geistigen Eisbergen des Alls und die vielen bürgerlichen Blumen wie die rosaroten Phloxe, die an Kirmes und Bauernhochzeit erinnern.

Und ich frage mich: Wie entsteht so etwas aus der dunklen Erde? Einfach so! Ohne Mühe und Qual einer Arbeit? Kein Physiker, Chemiker oder gar Biologe ist in der Lage, mehr als die halbe Wahrheit auf diese Frage zu geben.

Und ich selbst aus dieser Erde kommend, male und empfinde Gleiches. Und ich bin überrascht, was da auf dem Bilde steht, ohne in der Lage zu sein, das Gleiche zu wiederholen.

Ein Kreis schließt sich bis zu dem Punkte, wo man in einem kindlich-paradiesischen Zustande etwas tut, ohne zu denken. Ist das nicht schon Malerei?

Doch da melden sich neue Gäste mit Anmut und Würde, und die adlige Gesellschaft der Lilien tritt ein. Vornehm in Duft und Gestalt mit dem Charme ihrer Verschmelzung von Farbe und Form. Und die eine spricht zu mir: `Mit deiner eigenen vitalen Malerei bist du noch nicht allgemein gültig. Erst die in einer Form gebändigte Farbigkeit ist das, was deine pure Dinglichkeit zum Erhabenen steigert. Das erst bringt Tiefe und Harmonie ins Bild, zwischen den beiden Polen Freiheit und Zwang, die das Leben bewegen.`

Kant taucht da auf mit seinem Imperativ. Aber philosophieren will ich lieber mit Ihnen bei einem Glas Rotspohn bei mir zu Hause."

Seltener malte er stehend am Tisch. Hier kann man sehen, dass er, hervorragender Beidhänder, viel mit links malte.

Hier sieht man seine Handschrift im Alter:

 

 

Dies  treffende Lehner-Porträt hat die Hamburger Künstlerin Ulla Stahmer gemalt. Es zeigt ihn mit der typischen roten Häkelmütze und seinem im angeregten Gespräch immer lebhaften Augen.